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Der Physiker Dr. Stephan Baumgartner zur Grundlagenforschung in der Homöopathie. Interview im Weblog „Informationen zur Homöopathie“.
Von Curt Kösters | 11.Mai 2011
Handelt es sich bei der Homöopathie um eine verdeckte, aber hochwirksame Psychotherapie? Oder können homöopathische Präparate spezifische Medikamenteneffekte ausüben oder Reaktionen auslösen, welche über den Placeboeffekt hinausgehen? Mit dieser Frage beschäftigen sich zwei Personen schon seit vielen Jahren. Physiker Prof. Dr. Martin Lambeck konstatiert große Wissenslücken der heutigen Wissenschaft, sollte Letzteres der Fall sein (? „Irrt die Physik?“). Physiker Dr. sc. nat. Stephan Baumgartner, seit 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Grundlagenforschung im Institut Hiscia, Verein für Krebsforschung, Arlesheim, sowie an der Kollegialen Instanz für Komplementärmedizin (KIKOM) der Universität Bern, findet die Frage so spannend, dass er sie aktiv erforscht. Am 04.11.2010 und am 07.03.2011 veröffentlichte Dr. Stephan Baumgartner gemeinsam mit Forscherkollegen zwei interessante Publikation zu Experimenten mit Wasserlinsen und Hefe (1, 2). Erstmals wurden zwei verschiedene Organismen (Bioassays) daraufhin getestet, wie sie auf homöopathische Präparate reagieren. Die Experimente von Baumgartners Arbeitsgruppe stützen deutlich die Hypothese, dass homöopathische Arzneimittel spezifisch wirken. Dr. med. Michael Teut nahm die Veröffentlichung zum Anlass für ein Interview mit Dr. Stephan Baumgartner, nachzulesen im Blog „Informationen zur Homöopathie“.
Newsletter „Grundlagenforschung homöopathisch potenzierte Substanzen“ von Dr. Stephan Baumgarnter
Im März erreichte mich ein E-Mail-Newsletter der Forschergruppe von Dr. Stephan Baumgartner. Herr Baumgartner studierte Physik, Mathematik und Astronomie an der Universität Basel. Er machte seinen Doktor in Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich. Seit vielen Jahren ist er an der Universität Bern in der homöopathischen Grundlagenforschung tätig. Seine Forschungsgruppe arbeitet mit sogenannnten Bioassays bzw. lebendigen Organismen wie z. B. Wasserlinsen, die als Testsystem genutzt werden. Wasserlinsen sind Wasserpflanzen, mit denen u.a. die Qualität von Wasser unter standardisierten Bedingungen geprüft wird. Für die homöopathische Grundlagenforschung sind sie interessant, weil sich mit ihrer Hilfe Placeboeffekte sicher ausschließen lassen. Baumgartners Forschergruppe hatte zuletzt untersucht, ob Wasserlinsen, die zuvor mit einer stofflichen Dosis Arsen im Wachstum gehemmt wurden, durch eine nachfolgende homöopathische Behandlung wieder regeneriert werden können. Die Experimente erfolgten verblindet mit einer gleich großen Anzahl von Kontrollexperimenten. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass mögliche Effekte durch das homöopathische Arzneimittel und nicht durch andere Faktoren (Artefakte) zu erklären sind. Im letzten Newsletter von Dr. Stephan Baumgartner hieß es nun zu dieser Untersuchung:
„Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in Anlage die neuste Publikation aus unserer Arbeitsgruppe [1]. Unseres Wissens wurden in dieser Untersuchung zum ersten Mal zwei Organismen in parallel durchgeführten Experimenten in Hinsicht auf ihre Reaktionsfähigkeit auf homöopathische Präparate verglichen. Tim Jäger et al. untersuchten die Frage, ob mit Arsen gestresste Wasserlinsen (Lemna gibba L.) und Hefezellen (Saccharomyces cerevisiae) beide gleichermassen auf potenzierte Homöopathika (im speziellen potenziertes Arsen) reagieren.
Das Ergebnis war klar und eindeutig: währenddem homöopathisch präpariertes Arsen Wasserlinsen, die vorgängig mit Arsen geschädigt worden waren, im Wachstum statistisch hochsignifikant stimulieren konnte (vgl. Publikation [2], verschickt am 6.12.2010), war bei den Hefezellen bei analogem experimentellen Set-up und vergleichbarer statistischer Auswertung keinerlei Reaktion zu beobachten [1] …“
Mit diesen Worten stellte Stephan Baumgartner am 22. März 2011 die Ergebnisse der jüngsten Wasserlinsen-Experimente seiner Arbeitsgruppe vor. Als Forscher verfolgt Baumgartner schon seit einiger Zeit die Arbeitshypothese, dass homöopathische Arzneimittel eine regulativ-informationelle Wirkungsnatur haben, „die sich bei höheren Organismen aufgrund ihrer größeren Abgeschlossenheit, differenzierter Regelkreise und komplexeren Strukturen deutlicher manifestieren kann.“ In seinem März-Newsletter weist Baumgartner einschränkend darauf hin, dass es für die fehlenden Effekte bei Hefezellen auch andere Gründe geben kann und seine Hypothese daher noch nicht bewiesen ist. Betrachtet man allerdings Bioassays mit relativ großen Effektstärken, so sieht Baumgartner in der empirischen Erfahrung seiner Arbeitsgruppe einen klaren Trend. Bei Pflanzen zeigten sich unter kontrollierten Bedingungen viel stärkere Reaktionen auf homöopathische Arzneimittel als bei einfachen Organismen.
Wirken Hochpotenzen spezifisch?
Damit kommen wir zur spannenden Frage, ob durch den homöopathischen Potenzierungsprozess bestimmte Eigenschaften der Ausgangssubstanz Arsen an die höheren Verdünnungsstufen weitergegeben wurden, welche dann bei der Anwendung auf die Wasserlinsen zu einer Wachstumssteigerung führten. Lesen Sie im Weblog „Informationen zur Homöopathie“, wie Stephan Baumgartner seine jüngsten Experimente interpretiert und diese Frage beantwortet:
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Dr. Stephan Baumgartner im DZVhÄ Homöopathie.Blog:
Physikalische Untersuchungen homöopathischer Hochpotenzen
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Themen: DZVhÄ Homöopathie.Blog | 10 Kommentare »
11th.Mai 2011 um 22:44
Der link unter (1) verweist auf das (negative) Experiment mit Hefe, nicht auf das mit Wasserlinsen. Gemeint ist wohl die Publikation vom 8. April 2011 unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21476829
12th.Mai 2011 um 06:29
Danke für Ihr aufmerksames Lektorat, Herr Berger.
Der korrigierte und korrekte Link führt nun zu:
Jäger T, Scherr C, Simon M, Heusser P, Baumgartner S: Effects of homeopathic arsenicum album, nosode, and gibberellic acid preparations on the growth rate of arsenic-impaired duckweed (Lemna gibba L.). ScientificWorldJournal 2010;10:2112-2129.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21057725
Beste Grüße
Claus Fritzsche
Redaktion DZVhÄ Homöopathie.Blog
12th.Mai 2011 um 07:56
Es ist ein bisschen verwirrend, denn Ihr link geht zu einem etwas älteren paper (Nov. 2010), das sich aber fast identisch liest wie jenes von mir verlinkte (April 2011). Welches auch immer jetzt das von Baumgartner im Newsletter zitierte ist – das Datum „7. März“ wäre jedenfalls noch zu korrigieren.
(Sie brauchen das nicht freizuschalten, ist nur ein Hinweis! Grüße, UB)
12th.Mai 2011 um 10:14
Sie haben Recht, Herr Berger.
Richtig muss es wohl lauten:
Investigation of arsenic-stressed yeast (Saccharomyces cerevisiae) as a bioassay in homeopathic basic research.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21403975
Danke für das Nachfassen. Gruß … CF
12th.Mai 2011 um 16:40
Wir drehen uns leider im Kreis. Jetzt sind Sie wieder beim Hefe-paper angelangt und ich verweise auf Kommentar Nr. 1 oben…
13th.Mai 2011 um 06:21
Nein Herr Berger, die Publikation …
Investigation of arsenic-stressed yeast (Saccharomyces cerevisiae) as a bioassay in homeopathic basic research.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21403975
… ist das neue Paper, welches Stephan Baumgartner in seinem Newsletter vorgestellt hat. In diesem Paper geht es um die Reaktion von Hefe- UND Wasserlinsen-Testsystemen auf homöopathische Hochpotenzen. Am Ende des Abstracts finden Sie die Worte:
„Since in parallel experiments arsenic-stressed duckweed showed highly significant effects after application of potentized Arsenicum album and duckweed nosode preparations from the same batch as used in the present study, some specific properties of this experimental setup with yeast must be responsible for the lacking response.“
Die Ãœberschrift des Papers und die ersten Zeilen des Abstracts sind in Hinblick auf die Wasserlinsen-Experimente in der Tat irreführend formuliert. Liegt Ihnen jedoch das Paper vor, so wird es einfacher. In der Einleitung (Seite 569) findet sich bereits der Satz: „All experiments were performed with both bioassays (yeast and duckweed) in parallel (at the same day, at the same location, by the same experimenter, and with identical homeopathic preparations) in order to allow exact comparison of the results obtained.“)
Die Experimente mit Hefe und Wasserlinsen sind dabei so verlaufen, wie es die Arbeitshypothese von Stephan Baumgartner vorhersagt:
Der regulative Effekt zeigte sich bei „höheren“ Organismen (Wasserlinsen), nicht jedoch bei „niedriegen“ Organismen (Hefe).
Aus Sicht der Forschungsgruppe waren die „negativen“ Hefeexperimente so gesehen „positive“ Experimente …
13th.Mai 2011 um 08:13
Richtig, es war eine Paralleluntersuchung und das Hefe-paper erwähnt am Rande auch die parallelen Versuche mit Wasserlinsen. Doch die Ergebnisse der beiden Organismen wurden getrennt publiziert: Wasserlinsen im Nov. 2010 und Hefe im März 2011.
„Am 7. März 2011 veröffentlichte Dr. Baumgartner gemeinsam mit Forscherkollegen eine interessante Publikation zu Wasserlinsen-Experimenten (1)“ ist insofern immer noch geeignet, Verwirrung zu stiften.
13th.Mai 2011 um 15:17
Sie haben Recht, Herr Berger. Wenn sich der Fehlerteufel nicht noch einmal eingeschlichen hat, dann sollte der Sachverhalt jetzt korrekt dargestellt sein.
30th.Mai 2011 um 16:25
Sehr geehrter Herr Dr. Baumgartner,
ich begrüße Ihre Tests mit Wasserlinsen. Diese haben gegenüber den Test mit Menschen und Tieren zwei wesentliche Vorteile: Die Kosten sind sehr gering, und es gibt keine ethischen Probleme.
Allerdings erscheint mir der Zusammenhang mit der Homöopathie zweifelhaft. Durch die anfängliche massive Gabe von Arsen verursachen Sie eine Kunstkrankheit, die nach §§ 39 – 41 und §§ 74 – 76 Organon nicht homöopathisch geheilt werden kann.
Ich schlage daher vor, genau nach Hahnemann vorzugehen.Das Arzneimittelbild ist dadurch zu ermitteln, dass einer gesunden Versuchsperson die Prüfsubstanz X in der Potenz C30 gegeben wird (§§ 108 – 110 und § 128 Organon).
Legen Sie also eine grosse Kultur von gesunden Wasserlinsen an. Nehmen Sie 100 Bechergläser und pflanzen Sie die Wasserlinsen darin an. Danach erhalten randomisiert und doppelblind 50 Bechergläser die X C30, die anderen das Lösungsmittel C30. Nach § 118 Organon erzeugt jede Arznei immer ein Arzneimittelbild.
Ein Botaniker, der in der Beurteilung von Wasserlinsen geübt ist, hat dann nach einer selbst gewählten Frist – wunschgemäß auch mehrfach – die Bechergläser zu untersuchen und festzustellen, welche das Verum und welche das Placebo erhalten haben.
Mit freundlichen Grüßen
M.Lambeck
31st.Mai 2011 um 07:36
Sehr geehrter Herr Lambeck,
schön, dass Sie sich für die Versuche von Herrn Dr. Baumgartner interessieren.
Autor des Artikels hier ist übrigens Herr Kösters. Wenn Sie sich fachlich mit Herrn Baumgartner austauschen wollen, dann schlage ich vor, dass Sie Herrn Baumgartner direkt kontaktieren.
Ich vermute, dass Herr Baumgartner Ihnen dann die Nachteile Ihres Vorschlags …
„Ein Botaniker, der in der Beurteilung von Wasserlinsen geübt ist, hat dann nach einer selbst gewählten Frist – wunschgemäß auch mehrfach – die Bechergläser zu untersuchen und festzustellen, welche das Verum und welche das Placebo erhalten haben.“
… erläutern wird. Die subjektive Beurteilung durch geübte Botaniker gewährleister sehr wahrscheinlich keine VALIDE Messung der Wachstumsveränderungen. Mehr dazu in einem Interview, welches demnächst in diesem Blog erscheint.
Eine Frage zur „GWUP-Konferenz 2011 – Fakt und Fiktion“, die vom 2. bis 4. Juni in Wien stattfindet:
Halten Sie die Verleihung des „Goldenen Bretts vorm Kopf“ sowie die engen Verbindungen der Jury zum anonymen Internet-Pranger Esowatch.com für eine adäquate „wissenschaftliche“ Auseinandersetzung?. Ich finden diesen Stil – auch die Tweets von Prof. Edzard Ernst – seltsam.
Redaktions DZVhÄ Homöopathie.Blog
Claus Fritzsche