« Homöopathie und SPIEGEL (-fechterei) | Home | Die Metaanalyse von Matthias Egger auf dem Prüfstand. Interview mit Rainer Lüdtke. (? The Lancet ? Homöopathie) »
Antwort auf Jan Schweitzer – DIE ZEIT: Homöopathie, Evidenz und Plausibilität
Von Cornelia Bajic | 16.Dezember 2010
DIE ZEIT vom 9. Dezember 2010 trägt den Titel: „Das Geheimnis der Homöopathie.“ Die Grundaussagen: Die Homöopathie sei ein Placebo, aber ein wirksames. Die konventionelle Medizin sollte von ihr lernen.
Dieser Artikel ist ein Meilenstein. Nicht oft beschäftigt sich eines der großen deutschen Leitmedien ausführlich und gleichzeitig differenziert mit der Homöopathie – inclusive Pro- und Contra-Statements. Diese Tatsache ist zu würdigen – auch wenn einzelne inhaltliche Schwächen offensichtlich sind.
Mutige Leserkritik
Warum ist diese Ausgabe der ZEIT etwas Besonderes – und nicht selbstverständlich? Angesichts der gesundheitspolitischen Bedeutung der Homöopathie und ihres positiven Images in weiten Kreisen der Bevölkerung – auch und gerade der gebildeten Schichten – kann man sich diese Frage durchaus stellen. Es gehört ja nicht unbedingt zu den üblichen Gepflogenheiten von Medien, hartnäckig die Meinung der Mehrheit ihrer Konsumenten als Absurdität anzuprangern.
Die Antwort ist: Ein Journalist kann sich pro oder contra Atomkraft äußern, er kann sich pro oder contra ökologische Landwirtschaft äußern, auch über den Klimawandel kann er diese oder jene Ansicht äußern, ohne dabei seinen Ruf als seriöser Journalist zu gefährden. Über die Homöopathie hingegen kann es anscheinend nur eine seriöse Meinung geben: Es handelt sich um einen Placebo-Effekt. Zulässig sind allenfalls Nuancen dieser Aussage. Schon der gesunde Menschenverstand sagt einem schließlich, dass ein Mittel, in dem nichts drin ist, keine Wirkung haben kann; oder wie es Stefan Schmitt, der Contra-Anwalt der ZEIT ausdrückt: „Gegen alle Evidenz auf den gemeinsamen Glauben von Arzt und Patient an eine obskure Therapie zu vertrauen, ist auch bei guter Absicht schlicht unehrlich.“
.
Unplausible positive Studiendaten
„It s the potency, stupid!” – kann man in Abwandlung eines bekannten Zitates feststellen. Schaut man sich die verfügbaren Daten zur Evidenz der Homöopathie an (? HTA-Bericht PEK Schweiz, ? Studienlage Homöopathie 2006) und vergleicht diese mit der Evidenz der medizinischen Maßnahmen einer durchschnittlichen konventionellen Allgemeinpraxis, kann man mindestens mutmaßen, dass die Methode längst akzeptiert und etabliert wäre, wenn es nicht das kleine Problem mit der Potenzierung gäbe.
.
PD Dr. Klaus Linde (damals am Zentrum für naturheilkundliche Forschung der TU München) hat das vor einigen Jahren etwas akademischer ausgedrückt:
„Alle relevanten publizierten Übersichtsarbeiten […] zeigen, dass die Mehrheit der vorliegenden Studien positive Ergebnisse erbracht hat (dies gilt auch für die Arbeit von Shang et al.!). Es ist gleichzeitig unstrittig, dass bei den methodisch guten Studien positive Ergebnisse nicht so häufig sind wie bei den weniger guten. Dies bedeutet aber natürlich, dass es auch unter den guten Studien durchaus positive gibt. Die Debatte unter den klinischen Forschern ist also nicht, ob es positive Evidenz aus placebokontrollierten Studien gibt, sondern ob diese für einen Nachweis der Wirksamkeit der Homöopathie angesichts der aus naturwissenschaftlicher Sicht geringen Plausibilität ausreicht.“
Wenn die Mittel nicht so verdünnt wären, dass da nichts mehr drin sein kann, nach allem was wir über Chemie wissen, dann würden wir diese Diskussion um die Evidenz der Homöopathie gar nicht führen.
.
Versorgungsforschung: Es gibt relativ umfangreiche Daten aus der Versorgungsforschung, die zeigen, dass das behandelte Diagnosespektrum dem einer konventionellen Praxis entspricht (deutsche Untersuchungen) oder sogar etwas schwerer ist (Schweizer Daten); und dass die Behandlungsergebnisse (aus Sicht der Patienten) gleichwertig oder etwas besser sind.
RCT: Es gibt eine ganz Reihe von Doppelblindstudien, die für einen arzneimittelspezifischen Effekt sprechen.
Grundlagenforschung: Es gibt eine ganze Reihe von experimentellen Daten aus der Grundlagenforschung (Beispiel 1, Beispiel 2), die ebenfalls für einen spezifischen Effekt sprechen.
Historische Daten: Aus der homöopathischen Behandlung schwerer Epidemien, wie Cholera, Pocken, Fleckfieber und der Spanischen Grippe gibt es eine ganze Reihe von historischen Daten, die in sich konsistent sind und schwer mit einem Placeboeffekt zu vereinbaren sind. Ebenfalls sind diese Daten konsistent mit modernen Erfahrungen aus Entwicklungsländern.
Simile-Prinzip: Dass das Ähnlichkeitsprinzip ein plausibler Mechanismus ist, lässt sich mit Leichtigkeit darlegen – ist aber wohl eines eigenen Artikels wert.
Homöopoathische Arzneimittelprüfung: Dass das Prinzip der Arzneimittelprüfung auch doppelblind funktioniert, ist ebenfalls bestätigt.
Einzelfallberichte: Die Einzelfallberichte der homöopathischen Praxis sind in sich und mit einander konsistent. – Und warum das ebenfalls ein Evidenzkriterium ist, hat Helmut Kiene in dem Konzept der Cognition Based Medicine dargelegt.
.
Die Widerlegung der Homöopathie
Jan Schweitzer schrieb den Hauptartikel (? Glauben und Globuli) in dieser Ausgabe der ZEIT. Er räumt ein, dass Homöopathie wirkt, und erklärt diese Wirkung mit Zufall, Erwartungshaltung und dem magischen Nimbus, der die Homöopathie umgibt.
Dies alles sind akzeptable Arbeitshypothesen für die weitere Diskussion. Der einzige wirkliche inhaltliche Fehler unterläuft Jan Schweitzer mit dem Satz: „Mittlerweile widerlegt eine Vielzahl seriöser Studien, dass die kleinen, weißen Kügelchen wirken.“
Das ist in dieser Form schlicht falsch – und nicht nur weil die Mehrzahl der Studien gerade das Gegenteil, nämlich eine Wirkung der „kleinen weißen Kügelchen“ zeigt, sondern auch schon aus dem schlichten Grund, dass Studien aus rein methodischen Gründen, nie die Unwirksamkeit einer Behandlung belegen können. Studien können immer nur die Wirksamkeit belegen, oder sie nicht belegen. Der Nichtbeweis einer Wirksamkeit ist nicht der Beweis einer Unwirksamkeit. (? Absence of evidence is not evidence of absence)
Das ist ein Fehler, allerdings ein verzeihlicher Fehler. Jan Schweitzer reproduziert hier nur eine Aussage, die von einer Vielzahl von selbst ernannten Homöopathie-Experten aus dem Umfeld der so genannten Skeptiker-Bewegung getätigt wird. Ähnliche Aussagen finden sich auf der Website der GWUP, von ScienceBlogs und auch von dem Homöopathie-Experten Edzard Ernst.
Die Homöopathie ist nicht widerlegt. Die Evidenz ist nur nicht hinreichend, angesichts „der aus naturwissenschaftlicher Sicht geringen Plausibilität“. Weitere Forschung ist also vonnöten.
.
Potenzierung und Resonanz
Warum das Problem um die Potenzierung ein Problem ist, aber ein relatives Problem, ist sicher ebenfalls noch eines eigenen Artikels wert. Hier nur so viel: Das Prinzip der Potenzierung ist kein Grundprinzip, kein Paradigma der Homöopathie – es ist ein rein pragmatischer Anteil. Man verschreibt bei einer homöopathischen Behandlung Mittel, die ähnliche Symptome verursachen könnten (Kaffee bei Schlaflosigkeit). Man will aber gar nicht die Wirkung des Mittels – in diesem Fall die Schlaflosigkeit – hervorrufen, sondern nur eine Reaktion des Organismus. Es geht also um die Erzeugung von Resonanz, nicht um Wirkung. In den Anfängen der Homöopathie wurden die Substanzen ja durchaus noch in wägbaren Mengen eingesetzt. Um die unerwünschte Wirkung zu reduzieren wurde dann logischerweise verdünnt. Der interessante Effekt war, dass die unerwünschte Wirkung in der Tat nachließ, die Reaktion aber weiterhin hervorzurufen war. Und daraus wurden dann Schritt für Schritt und eben rein pragmatisch dass, was wir heute als Potenzierung kennen.
Warum das funktioniert, wissen wir nicht. – Aber: erstens gibt es dazu durchaus Forschung (die allerdings noch in den Anfängen steckt), und zweitens gibt es eine Menge Dinge auf der Welt, von denen wir das nicht so genau wissen. Die Schwerkraft z. B. kann zwar berechnet und gemessen werden, aber im Grunde wissen wir bis heute nicht, wie und warum zwei sehr weit voneinander entfernte Objekte eine Wirkung aufeinander ausüben können. (Woher „wissen“ zwei Planeten von einander?) – Ähnliches gilt für das quantenphysikalische Prinzip der Verschränkung. (Warum verhalten sich zwei viele Kilometer voneinander entfernte Quantenobjekte so, als ob sie ein System bzw. ein Objekt wären?)
.
Es geht in dieser Kontroverse um Plausibilität, weniger um Evidenz.
Insofern ist auch das Problem der ZEIT, dass die Homöopathie dem gesunden Menschenverstand (und nicht etwa jeglicher wissenschaftlicher Evidenz) widerspricht, ein relatives Problem. Und ob das geduldige Zuhören wirklich das Einzige ist, was die konventionelle Medizin von der Homöopathie lernen kann – auch das ist vielleicht noch einen eigenen Artikel wert.
.
.
Links zum Thema:.
.
.
Themen: DZVhÄ Homöopathie.Blog | 14 Kommentare »
17th.Dezember 2010 um 14:08
Frau Bajic, Sie haben natürlich Recht damit, wenn Sie sagen: Die Homöopathie ist nicht widerlegt. Die Evidenz ist nur nicht hinreichend, angesichts „der aus naturwissenschaftlicher Sicht geringen Plausibilität“.
Diese geringe Plausibilität ist allerdings ein gewaltiges Problem für die Homöopathie. Denn eine Wirksamkeit von Homöopathika ist nicht (nur), wie Sie schreiben, für den Hausverstand wenig plausibel, sondern eben aus moderner naturwissenschaftlicher Sicht extrem unplausibel. Deshalb verlangt man starke(!) experimentelle Evidenz – von der in der Homöopathie aber keine Rede sein kann. Dass die Stärke der eingeforderten Evidenz sich nach der a-priori Plausibilität richtet, ist nichts weiter als das Bayesianische Prinzip, das in allen Wissenschaften seinen Fixplatz hat.
Wenn Sie aber behaupten: Dass das Ähnlichkeitsprinzip ein plausibler Mechanismus ist, lässt sich mit Leichtigkeit darlegen, dann haben Sie vermutlich einfach eine ganz andere Vorstellung von „Plausibilität“ als es die Naturwissenschaften haben. Denn das Ähnlichkeitsprinzip für sich alleine ist aus naturwissenschaftlicher Sicht ebenfalls bereits äußerst unplausibel.
Wiederum aus naturwissenschaftlicher Sicht ist Ihre Feststellung Es geht also um die Erzeugung von Resonanz, nicht um Wirkung lediglich eine Leerformel. Denn „Resonanz“ ist in der Physik ein wohldefinierter Begriff, der aber keine sinnvolle Entsprechung als „Reaktion des Organismus“ hat.
Ihr Vergleich mit den Phänomenen der Gravitation und der Verschränkung ist hier nicht sonderlich hilfreich. Denn beides mag dem „Hausverstand“ eines Laien seltsam vorkommen, doch beide Phänomene sind aus naturwissenschaftlicher Sicht plausibel UND durch extrem starke Evidenz belegt.
17th.Dezember 2010 um 14:42
Hallo Frau Bajic,
mir gefällt Ihr Artikel, und ganz besonders Ihre folgende Bemerkung:„Das Prinzip der Potenzierung ist kein Grundprinzip, kein Paradigma der Homöopathie – es ist ein rein pragmatischer Anteil“. Einen Grundstein der Verständigung könnte man vielleicht mit Hilfe folgender Tatsachen legen, die allgemein anerkannt oder zumindest bei Teilen des Publikums bekannt sind: Menschen, die wegen langen Herumliegens in der Kälte an schwerer Unterkühlung leiden, darf man nicht ins Warme befördern. Sie werden statt dessen mit Schnee abgerieben, und nur sehr langsam aufgewärmt. Allgemein bekannt, lebensrettend.
Wenn man aus Versehen auf die heiße Herdplatte fasst und sich die Finger verbrennt, sollte man sie nochmals mit Hitze behandeln – am Besten nahe an ein brennendes Feuerzeug halten, bis es ein wenig wehtut. Es wird auch empfohlen, die Finger mit erhitztem Alkohol zu benetzen. Ziemlich bekannt: keine Blasen, nur kurzzeitig Schmerzen. Zimmerleute schlagen sich noch ein zweites Mal mit dem Hammer auf den Fingernagel, den sie schon ein erstes Mal unsanft getroffen haben. Dies ist eigentlich nur dem erwähnten Berufsstand bekannt. Aber sehr wirksam, wenig Schmerzen, der Nagel wird weder blau noch fällt er gar ab. Und all dies ist ein Beleg für die Wirksamkeit des Ähnlichen bei Ähnlichem, und dazu noch jedermann verständlich – nicht nur den „CAM-bashern“.
Mit freundlichen Grüßen,
Christine Wittenburg
18th.Dezember 2010 um 13:41
Zitat von Frau Wittenburg:
„Und all dies ist ein Beleg für die Wirksamkeit des Ähnlichen bei Ähnlichem, und dazu noch jedermann verständlich – nicht nur den “CAM-bashern”.“
Wenn also einer unserer Soldaten in Afghanistan angeschossen wurde sollte ihm/ihr ein Kamerad nochmal anschiessen? Ähnliches hilft ja schließlich.
Bei solch einem Unsinn kann man sich nur an den Kopf fassen.
Homöopathische Mittel wirken erwiesenermaßen eben _nicht_. Die gesame Homöopathie basiert auf einem vorwissenschaftlichen Denken was wir im 21. Jahrhundert eigentlich hätten hinter uns lassen sollen.
Ganz aktuell wieder eine Studie die zeigt das die Zuckerkugeln nicht wirken, die Zuwendung zum Patienten dagegen schon. Das ist ein wichtiger Unterschied. Link: http://news.doccheck.com/de/article/202282-homoeopathie-reden-hilft-globuli-nicht/
19th.Dezember 2010 um 09:51
HALLIHALLO ZUSAMMEN,
so viele schöne Kommentare. Wo fange ich nur mit dem Antworten an?
@ Christine Wittenburg:
Ja, Frau Wittenburg, Sie haben mit Ihren Beispielen für das Simile-Prinzip der Homöopathie den Nagel auf den Kopf getroffen.
Es ist in der Tat so, dass klassische Homöopathen z. B. die Amputation eines Arms „therapeutisch beantworten“, indem sie auch den anderen Arm amputieren. Weniger bekannt ist auch die etablierte Vorgehensweise, Sterbefälle in einer Familie durch Exekution der jeweiligen Geschwister oder Ehepartner zu therapieren.
Mein Kompliment: Ihre Show-Einlage war nicht schlecht. Ob Sie jedoch (wie an anderer Stelle beiläufig erwähnt) eine Homöopathin (oder vielleicht doch eher eine sog. Skeptikerin als Agent Provocateur sind), da bin ich mir nicht so sicher.
@ Marcel:
Die von Ihnen verlinkte Studie ist meines Erachtens hoch interessant, hat jedoch – so teilte mir Dipl.-Stat. Rainer Lüdtke vorgestern mit – auch erhebliche Schwachstellen.
Sie ist zunächst einmal nicht repräsentativ (zu geringe Probandenzahl) und die Arbeitshypothese, dass das therapeutische Setting die Wirkung bestimmt, wird durch die Daten auch nicht verallgemeinerungsfähig gestützt.
Es könnten auch noch andere Wirkfaktoren in Frage kommen, die mit dem homöopathischen Arzneimittel und dem therapeutischen Setting nichts zu tun haben. Diese möglichen anderen Ursachen wurden jedoch vernachlässigt. Daraus lernen wir: Arbeitshypothesen, Deutungen und Plausibilitätsvorstellungen von Forschern haben einen tendenziell ergebnisformenden Einfluss. Das zeigt ja auch die Re-Analyse von Shang et al. 2005.
Die Studie hat explorativen Charakter, lässt jedoch wie viele andere Studien zu Gunsten und zu Lasten der Homöopathie keine allgemeingültigen Aussagen zu. Das bedeutet nicht, dass Ihre Annahme, Zuckerkugeln würden nicht wirken, falsch ist. Es heißt nur, dass diese von Ihnen selektiv zitierte Studie keine verallgemeinernden Aussagen zulässt … und es im Blog-Small-Talk üblich ist, sich selektiv irgendwelche Dinge herauszupicken, die einem gerade in den Kram passen. (Habe ich selbst übrigens auch schon oft genug gemacht.)
@ Ulrich Berger:
Schön, dass Sie hier so sachlich, höflich und konstuktiv mitarbeiten. An anderer Stelle im Web habe ich immer wieder den Eindruck, dass Sie auch destruktiv – sowie unter Einsatz unlauterer und unfairer Kommunikations-Praktiken – mitmischen. (Oh ja, mir ist bekannt, dass Sie GLEICHES auch von mir denken …)
Vor dem Hintergrund meines aktuellen Interviews mit Rainer Lüdtke einige Anmerkungen OFF TOPIC:
Sie, Herr Berger, haben sich an folgender Stelle mit der Metaanalyse von Prof. Egger (Shang et al. 2005) auseinandergesetzt:
http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2008/12/neue-evidenz.php
Der von Ihnen hier gewählte Ton ist ein klein wenig rauher als der Ihrer Kommentare hier im Blog. Es wimmelt nur so von persönlichen Angriffen und emotionalen Spitzen. Wären Sie mein Klient, so würde ich Ihnen von diesem Stil abraten, Ihnen mehr Sachlichkeit empfehlen, um Ihre Glaubwürdigkeit auf diese Weise zu stärken.
Die Erläuterungen von Dipl.-Stat. Rainer Lüdtke zur Metaanalyse von Herrn Egger und Frau Shang zeigen u.a. drei Dinge:
1. Die Schlussfolgerungen der Metaanalyse von Shang et al. 2005 lassen sich ebenso wenig als Argument zu Lasten der Homöopathie nutzen wie sich die Schlussfolgerungen der Re-Analyse nicht zu Gunsten der Homöopathie nutzen lassen.
2. Sowohl die Schlagzeile „Das Ende der Homöopathie“ des Lancet-Begleitkommentars als auch die Schlagzeile der Elsevier-Pressemeldung „Neue Evidenz für die Homöopathie“ sind in dieser plakativen Form unangebracht.
3. Der Reiz dieser Kontroverse besteht nicht darin, den Sieger oder Verlierer zu finden. Der Reiz dieser Kontroverse besteht darin, die Gründe dafür zu untersuchen, warum unterschiedliche wissenschaftliche Fraktionen identische Daten unterschiedlich interpretieren. Das ist wissenschaftliche und journalistisch hochgradig spannend.
Nochmals zum Thema Stil:
Ich hatte Sie vor einiger Zeit eingeladen, in diesem Blog einen eigenen Beitrag zum Thema „Das Individuum in der statistischen Medizin“ zu publizieren. Das war von meiner Seite her ein ernsthafter Versuch, Sie einzubinden, Ihrer Stimme auch in diesem Blog einen Platz zu geben und weg von persönlichen Beleidigungen hin zu einer sachlichen Auseinandersetzung zu gelangen. Sie antworteten mir am 03.09.2010:
+++++++++++++++++++++++++++++++++
Sehr geehrter Herr Fritzsche,
Vielen Dank erst einmal für Ihr freundliches Angebot. Ich fürchte, ich muss es aber leider trotzdem ablehen, und zwar aus zwei Gründen:
Der erste Grund ist ganz banal: mir mangelt es dafür an Zeit, denn für das kommende Semester muss ich zwei neue Kurse vorbereiten und das macht den September sehr stressig.
Der zweite Grund ist, dass ich auch ohne falsche Bescheidenheit nicht die nötige Fachkompetenz habe, um einen substantiellen Beitrag zum Thema „Das Individuum in der statistischen Medizin“ zu leisten, der über meine recht unspektakulären Anmerkungen im DZVhÄ-Blog hinausgeht. Ich bin schließlich wie Sie wissen weder Statistiker noch Biometriker oder gar Mediziner und maße mir auch sicher nicht an, Herrn Ernst in dieser Hinsicht irgendwie fachlich nahe zu kommen.
Kurz gesagt würde ich mich als Mitleser und gelegentlicher Mitdiskutierer im DZVhÄ-Blog wohler fühlen.
Trotzdem danke nocheinmal auch an den DZVhÄ für das Angebot!
Mit freundlichen Grüßen,
Ulrich Berger
+++++++++++++++++++++++++++++++++
Wenn dem so ist, wenn Ihre diversen – in der Regel persönlich anklagenden Aussagen – z. B. im Ihrem Blog nicht zwangsläufig das fachliche Fundament haben, welches Sie suggerieren, dann würde es Ihrer Glaubwürdigkeit dienen, im Ton etwas maßvoller zu werden.
Wenn Ihnen dies aus Skeptiker-ideologischen Gründen nicht möglich ist, dann müssen Sie sich daran gewöhnnen, dass ich Ihnen Aspekte dieser Art in regelmäßigen Abständen vorhalten werde. Auch wenn ich Sie nicht erreiche, so erreiche ich doch Mitleser, die sich ihre eigene Meinung bilden.
Beste Grüße
Claus Fritzsche
19th.Dezember 2010 um 12:29
@ Claus Fritzsche:“…ob Sie jedoch (wie an anderer Stelle beiläufig erwähnt) eine Homöopathin (oder vielleicht doch eher eine sog. Skeptikerin als Agent Provocateur sind), da bin ich mir nicht so sicher.“
Liebe Herr Fritzsche, ich fasse Ihre Bemerkung als ein sehr schönes Kompliment auf! Man hat mir schon früh beigebracht, jeglichen Sachverhalt, mit dem ich mich befasse, kritisch zu prüfen. So auch die Potenzierung der homöopathischen Mittel. Und da fühle ich mich durch Ihre Bemerkung jetzt nochmal bestätigt. Ich bin leidenschaftliche Skeptikerin und es stört mich sehr, wenn Leute Dinge einfach so unhinterfragt hinnehmen und weiterverbreiten. Manchmal bin ich sogar des Teufels Anwältin, wenn das dazu taugt, Sachverhalte kritisch zu hinterfragen. Soweit das.
Mir ist eine kleine Ungenauigkeit unterlaufen: Der Trick der Zimmerleute wäre eher `Isopathie` (gleiches heilt gleiches) als homöopathisch zu nennen. Isopathisch wäre es auch, den armen Soldaten gleich zweimal zu beschießen (um Ihre verschiedenen Beispiele mal handlich zu bündeln). Wenn der lädierte Soldat sich allerdings eine Sepsis infolge der infizierten Schußwunde einhandelt, dann könnte man an das Mittel „gunpowder“ denken, und es in einer höheren Potenz verabreichen, wenn die weiteren Symptome übereinstimmen. Lesen Sie bitte bei John Henry Clarke nach: „Gunpowder – a war remedy“ (1915). Ach, Mist – schon wieder ein gefundenes Fressen für meine Skeptikergenossen. Die sollten vielleicht alle mal den „Clarke“ lesen, von vorne bis hinten, dann wären sie beschäftigt, und danach könnte man vielleicht ein wenig vernünftiger mit ihnen diskutieren.
Vielleicht ist mittlerweile auch die Frage nach meiner homöopathischen Kompetenz beantwortet.
Schönen Vierten Advent wünsche ich allen Beteiligten!
Christine Wittenburg
20th.Dezember 2010 um 10:44
Lieber Herr Fritzsche,
Mir ist nicht ganz klar, was Sie mir sagen wollen. Es ist eine offensichtliche Tatsache, dass ich kein Biometriker oder Mediziner bin. Andererseits habe ich – bei aller Bescheidenheit – gewiss genug Ahnung von statistischen Methoden, um die plattesten Fehldeutungen z.B. der Egger-Studie erkennen und richtigstellen zu können, wie sie oft von homöopathischer Seite aus Marketinggründen eingesetzt werden. Insofern denke ich nicht, dass mir für meine Anmerkungen das fachliche Fundament fehlt, wie Sie suggerieren. Falls Sie konkrete Fehler in meinem „Neue Evidenz…“ Artikel finden, so bin ich gerne bereit, diese zu korrigieren. Bisher kam allerdings noch nichts in dieser Richtung.
Wenn es Ihnen aber vorrangig um meinen „Stil“ geht, dann kann ich nur sagen: Wie der Klotz, so der Keil.
Beste Grüße,
Ulrich Berger
PS: Soeben habe ich unter einem anderen Posting eine Diskussion mit Frau Wittenburg fortgesetzt. Sollte sich Ihr Verdacht erhärten, dass es sich bei Frau Wittenburg um einen agent provocateur der Skeptiker handelt, dann lassen Sie es mich bitte wissen, damit ich mir die Diskussion mit ihr ersparen kann.
20th.Dezember 2010 um 10:52
Liebe Frau Wittenburg,
Sie als „Skeptikern“ – und nicht als praktizierende Homöopathin – zu identifizieren, war bei ihren plastischen Beispielen eine sehr schwere Aufgabe …
Zum Wesen sog. Skeptiker (als ideologischer Gruppe) gehört, „kritisch denken“ (d.h. die ergebnisoffene und faktenorientierte Auseinandersetzung mit einem Thema) mit einem NEGATIVEN ÜBERZEUGUNGSSYSTEM zu verwechseln – und den Unterschied nicht zu bemerken. Das hat bereits Edgar Wunder in seinem Artikel „Das Skeptiker-Syndrom“ sehr gut beobachtet.
Siehe hierzu auch EselWatch über sog. Skeptiker …
Da viele „Skeptiker“ nach meiner Erfahrung nicht oder nur schwer in der Lage sind, eigene Annahmen und Aussagen (selbst-) kritisch zu reflektieren und zu hinterfragen, sind Diskussionen mit ihnen wenig produktiv.
Man klatscht sich Phrasen und Allgemeinplätze an den Kopf … und nimmt dies als „kritisch denken“ wahr.
Beste Grüße
Claus Fritzsche
P.S. Damit würde ich unseren (von mir als destruktiv empfundenen) „Diskurs“ gerne beenden.
20th.Dezember 2010 um 11:37
Hallo Herr Berger,
Sie schreiben:
Es ist eine offensichtliche Tatsache, dass ich kein Biometriker oder Mediziner bin. Andererseits habe ich – bei aller Bescheidenheit – gewiss genug Ahnung von statistischen Methoden, um die plattesten Fehldeutungen z.B. der Egger-Studie erkennen und richtigstellen zu können, wie sie oft von homöopathischer Seite aus Marketinggründen eingesetzt werden.
Was mich im Kontext Ihres Beitrags „Neue Evidenz für Homöopathie“ interessieren würde, ist Ihre Sichtweise der aktuellen Argumente von Rainer Lüdtke (d.h. nicht der „homöopathischen Seite“ sonder der „Lüdtke-Seite“ …). Herr Lüdtke kritisiert an der Egger-Studie:
1. die geringe statistische Signifikanz (weil nur 8 RCTs, die keine allgemeingültigen Schlüsse erlauben) – Trotz Ihrer statistischen Grundkenntnisse fehlt mir hierzu eine Aussage in Ihrer kritischen Rezension.
2. die Heterogenität der Therapiesysteme (individuelle Homöopathie, standardisierte Homöopathie, Isopathie und Komplexmittel-Homöopathie wurden in einen Topf geworfen)
3. die Heterogenität der Indikationen (was man im Kontext Pharmazie nie machen würde, wurde im Kontext Homöopathie gemacht.)
4. Sensitivität der Daten für die Definition der Studiengröße (Wählt man nicht, wie Shang und Egger dies getan haben, die acht größten Studien sondern die 14 größten Studien aus, so bekommt man ein statistisch signifikantes Ergebnis zugunsten der Homöopathie.)
Punkt 4. war übrigens Auslöser für die Pressemeldung „Neue Evidenz für die Homöopathie“. Wie ich erst jetzt gelernt habe, ist es ebenso unzulässig, mit den 8 größten Studien die Homöopathie=Placebo-These zu stützen wie es unzulässig ist, mit den 14 größten Studien (pauschalisierende) Aussagen zu Gunsten der Homöopathie vorzunehmen.
So gesehen ist die Elsevier-Pressemeldung „Neue Evidenz für die Homöopathie“ eine Persiflage des unhaltbaren Lancet-Begleitkommentars („Ende der Homöopathie“). Beides ist wohl Unfug … und beides kommt aus dem gleichen Haus. Elsevier ist ja der The Lancet herausgebende Verlag.
Für mich bleibt als Fazit:
Wichtige Aussagen meines alten Blogbeitrags zu „Rutten, Stolper und Lüdtke“ sind falsch und beruhen auf Unkenntnis. (Wäre – wie von Ihnen gemutmaßt – „Homöopathie-Marketing“ mein Hauptmotiv, so hätte ich das aktuelle Lüdtke-Interview nicht publizieren dürfen, weil ich mich damit ja selbst belaste.) Die zentrale Kritik an der Egger-Studie ist jedoch – auch für Laien nachvollziehbar – bestätigt. Dass sich pauschalisierende Aussagen („Das Ende der Homöopathie“) nicht auf der Grundlage von nur 8 RCTs ableiten lassen, um das zu verstehen, muss ich kein Statistiker sein.
Beste Grüße
Claus Fritzsche
20th.Dezember 2010 um 11:59
Herr Fritzsche, es freut mich, dass Sie Ihre damaligen Fehler eingestehen. Zum Interview melde ich mich dann drüben noch, aber ich ersuche um etwas Geduld.
20th.Dezember 2010 um 20:37
Das war aber jetzt ein bißchen unfreundlich von Ihnen, weiter oben in diesem blog, Herr Fritzsche. Dies wird dann also mein letzer Beitrag in Ihrem Blog sein, wenn Sie mir ein Schlußwort erlauben. Er wird ein bißchen länger sein, leider.
Vorher aber möchte ich noch erwähnen, daß die Behandlung von Frostopfern durch Schneeabreibungen plus langsamer Aufwärmung, schon in der 6. Auflage des „Organon“, von Samuel Hahnemann (ein Ihnen hoffentlich bekannter homöopathischer Arzt) erwähnt wird. Im gleichen Absatz der Einleitung werden übrigens auch Behandlung von Verbrennungen und sogar die Technik der Zimmerleute erwähnt (der zweite Hammerschlag sollte wesentlich sanfter sein als der erste, empfielt Hahnemann bei Beulen, die mit Druck zu behandeln sind, und ich stimme ihm zu, wie übrigens fast immer). Hausaufgaben machen.
So. Nun aber zu wichtigeren Dingen. Ich, als Skeptikerin, kann nicht mit Fug und Recht behaupten, daß in den „Kügelchen“ was drin ist. Ich würde das aber gerne beweisen können. Evidenzstudien mit menschlichen Patienten sind schön und gut, leiden aber durch die Unschärfe subjektiver Aussagen über persönliche Empfindungen. Auch die schweizerische Studie hat offensichtlich niemanden überzeugen können, der nicht schon a priori überzeugt war.
Das Leben hat mich aufs Land verschlagen. Ich habe hier einen Nachbarn, der hat 40 Milchkühe. Da der Milchpreis (konventionelle Landwirtschaft), sich in den Keller begeben hat und nicht wieder ans Tageslicht kommen will, hat dieser Mensch sich für ökologische Landwirtschaft entschieden, da ökologische Milch zumindestens einen halbwegs fairen Preis erzielt, und nach den obligatorischen Wartezeiten und Bodenprüfungen und etc hat er vor einigen Jahren das Zertifikat für ökologischen Landbau erhalten. Nun sieht er sich mit anderen Problemen konfrontiert: Antibiotikabehandlungen bei Kühen bedeuten in der ökologischen Landwirtschaft wesentlich längere Karenzzeiten, man kann die Milch der antibiotikabehandelten Kühe sehr lange Zeit nicht beim Verarbeiter abliefern. Da liegt es nahe, statt konventioneller Behandlung mal die homöopathische Nachbarin zu befragen. Ich habe also behandelt: Plazentaretention, Metritis, Mamitis, Milchfieber, Sterilität, Anthrax, (darf ich als Heilpraktikerin eigentlich gar nicht, war aber auch nur Immunisierung nach auftretender Epidemie), Diarrhö und Wachstumsstillstand bei Kälbern und und und.
Wenn man Herdentiere behandelt, kann nicht wirklich von „Therapeuteneffekt“ gesprochen werden. Ich muß mich auf die Aussagen des Landwirts beschränken. Ich gucke mir die Kuh natürlich möglichst an, kommuniziere aber nicht wirklich mit ihr. Dieser Landwirt ist übrigens Biologe, und er ist offen für Alternativen. Die Behandlungen sind nicht einfach: Allein für die Heilung von Metritis, also Entzündung des Uterus, stehen der Homöopathie über 90 Substanzen zur Verfügung. Ich muß also auf Grund anderer Symptome differenzieren, harte Arbeit bei spärlicher Informationslage, kann ich Ihnen sagen. Ich versuche, auch die „Geist- und Gemütssymptome“ sowie die „ Allgemeinsymptome“ der Kuh oder des Kalbs mit einzubeziehen ( Sie glauben das nicht? Chefkühe, schüchterne Kühe, naschhafte Kühe, aggressive Kühe…)– und, erstaunlich – es kommt doch Einiges zu Tage. Jedenfalls – das Ganze funktioniert ziemlich gut.
Das ist meine Ausgangsbasis. Die Evidenz der Wirksamkeit von homöopathischen Mitteln hat für mich alte Skeptikerin hingereicht. Was macht man aber nun mit dem interessierten (oder mißinteressierten) Publikum? Will man das auch noch überzeugen?
Ok. Ende 2008 kam mir eine Sache „zugeflogen“. Hier in der Gegend gibt es ziemlich viele Schafe, und diese Schafe – und auch Ziegen – bekamen auf einmal die Blauzungenkrankheit (Orbivirus aus der Klasse der Reoviridae…). Wir wollen uns hier nicht mit der Symptomatik dieser Krankheit aufhalten, jedenfalls ist sie für die betroffenen Tiere entweder sofort tödlich, oder hinterlässt Sterilität, Kachexie, Minderproduktion. Ich wurde von benachbarten Schaf- und Ziegenhirten angesprochen: „Du hast doch Kügelchen für alles und jedes. Schau mal, meinen Schafen geht´s schlecht…(Blauzungensymptome, die Jedermann googeln kann)…Hast Du nicht was für die Tiere?“ Ich hatte – nachdem ich mich über die Gesamtsymptomatik dieser Tierseuche informiert habe. Ich benütze zwei homöopathische Substanzen, nur zwei, immer die Gleichen, bei der Behandlung der Blauzungenkrankheit. 2008 (09/10 natürlich auch) habe ich viele Schaf- und Ziegenherden in Spanien behandelt, die Hirten haben den Behandlungserfolg verbreitet. Hauptsächlich in Asturien, Cantabria und Catalunya. Natürlich habe ich, als gnadenlose Skeptikerin, gedacht: wie kann man so etwas benützen, um einen Beweis für die Evidenz der Wirksamkeit homöopathischer Mittel zu erbringen. Man kann ob der Sachlage:` Seuche heilbar mit zwei Arzneimitteln`, eine wissenschaftliche Studie entwerfen. Ich habe das getan. Es handelt sich darum, Monitoring von potenziell gefährdeten Herden zu betreiben und diese im Erkrankungsfall mit den zwei fraglichen homöopathischen Mitteln zu behandeln (beide Mittel in C200, so, wie ich sie auch in der Erfahrungsperiode benutzt habe). Der Basistext der Studie liegt vor auf Deutsch, Spanisch und Englisch. Bei der Carstens-Stiftung hängt die Studie in der Warteschleife (Mittelknappheit), bis 2012 herrscht dort Förderungssperre. (Lieber Rainer Lüdtke, ich fand Ihren Artikel „Das Ende des deutschen Fußballs“ saugut). Der DZVhÄ steht vielleicht hinter meinem Projekt – jedenfalls tut das Curt Kösters. Gut, man könnte die Studie auch doppeltverblindet auslegen, aber das verursacht wesentlich mehr Kosten. Auch hier in Spanien hat die Idee ihre Fans, wir haben mehr Angebote zum Monitoring von Herden, als wir zeitlich und finanziell bewältigen könnten. „Wir“ sind ein junger Veterinär und ich, in erster Linie. Wir werden von einer Professorin der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Zaragoza unterstützt. Der Verband der Homöopathischen Ärzte Aragons hat uns einen Zuschuß von 1000€ zugesichert . Und die haben bestimmt nicht viel Geld. In Deutschland unterstützt uns außerdem der „Deutsche Schafzüchterverband“, und besonders Günther Czerkus, dessen Pressesprecher. Auch kein Geld. Ton Baars, Professor an der Uni Witzenhausen, und Rainer Lüdtke von der Carstens- Stiftung haben mich beim Design der Studie beraten. Besser nicht doppelblind, das macht es nur komplizierter, haben sie gesagt.
Ich möchte mich nun an meine streitbaren Genossen aus der Skeptiker-Bewegung wenden: Wäre es vermessen, wenn Jeder von Ihnen ein wenig Kapital aufwände, um das blöde Kügelchen-Thema endgültig vom Tisch zu haben? Man könnte einen Fonds einrichten, beim DZVhÄ oder an anderer Stelle, der nur nach Entscheidung eines kritischen Konsensus des Direktoriums auf die Blauzungenstudie verwendet werden darf. Doppelt- und dreifachverblindet, meinetwegen, aber das ist viel Extraarbeit. Für eine einfache Studie (Beobachtungsmaterial: etwa 2000 Tiere), haben wir schmale 30 000€ veranschlagt. Ich habe mir ein Jahr lang die Ohren wundtelefoniert, fondsbettelnd, und bin dann irgendwann zusammengebrochen. Ich habe schließlich noch meine Praxis, und meine Frustrationstoleranzschwelle ist nicht höher als bei anderen Menschen auch. Meine Telefonrechnung war eine weitere schwere Belastung in dieser Zeit. Mein Schreiben an den englischen Thronfolger, z.B., ist verfasst – der scheint ja ein Herz für Kügelchenwirkungsbeweiser zu haben – aber ich habe es noch nicht abgeschickt, ich bin eben frustriert und unmotiviert. Überlegen Sie sich das mit der Finanzierung – und das wäre dann auch die Chance, mal von diesem Kindergartendiskussionsstil wegzukommen: „Nein – doch – nein – doch – Schaufel auf den Kopf. Keine Klarheit, nur Blut.“ Endlich Klarheit: Es ist was drin in den Kugerln- oder eben nicht.
Danke und auf Wiedersehen.
(Interessierte mailen mir: cwittenburg@hotmail.com, und ich schicke Ihnen eine Kopie des Studiendesigns zu. Umgehend. Kein Problem. Notfalls mache ich Ihnen auch den Kontakt mit meinem nachbarlichen Milchbauern klar, er wurde aber grade zum Präsidenten des cantabrischen Bauernsyndikats gewählt und hat nicht so richtig viel Freizeit).
Tschüs.
21st.Dezember 2010 um 09:35
Hallo Herr Berger,
Sie schreiben:
Herr Fritzsche, es freut mich, dass Sie Ihre damaligen Fehler eingestehen. Zum Interview melde ich mich dann drüben noch, aber ich ersuche um etwas Geduld.
Aus meiner Sicht mache ich auf eigene Fehler AUFMERKSAM – und zwar dann, wenn ich sie bemerke und wenn ich eine Diskussion mit neuen Gedanken (hier das Interview mit Rainer Lüdtke) auf eine konstruktive Ebene bringen kann.
Ihre Wortwahl EINGESTEHEN (Synonym für: beichten, bekennen, ein Geständnis abgeben etc.) halte ich in einem sachlichen sowie konstruktiven Diskurs für unpassend. Ihre Sprache zeigt mir frei nach Sigmund Freud, wie Sie selbst „ticken“.
Aus meiner Sicht ist die Wortwahl EINGESTEHEN tendenziell konfliktverschärfend, emotionalisierend, personalisierend. Würden Wissenschaftler wie z. B. Herr Lüdtke und Herr Egger in dieser Tonlage miteinander diskutieren, so würde dies wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn sehr erschweren, weil er immer mit Gesichtsverlust irgendeiner Seite verbunden wäre.
Mit genau diesem emotinalisierenden, personalisierenden sowie konfliktverschärfenden Grundton Ihres Blogs „kritisch gedacht“ bei ScienceBlogs machen Sie sich das Leben schwer und isolieren Sie sich. Das Echo sind dann Repliken wie z. B.: Marc Scheloske und die Schlangengrube ScienceBlogs: Cyber-Mobbing, Agitation, Fanatiker und militante „Skeptiker“.
Die Skeptiker-Community – die Sie ja nicht überzeugen müssen – wird sich auf die Schenkel klopfen. Konstruktiv orientierte Diskussionsteilnehmer und echte Experten werden Diskutanten dieser Stilrichtung jedoch tendenziell meiden. Was bleibt ist Isolation und der Drang, sich immer wieder mit viel Kraftaufwand selbst ins Gespräch bringen zu müssen.
Ihr neuer Kommentar unter dem Lüdtke-Interview zeigt mir, dass Sie auch anders (konstruktiv, sachlich, fair) können.
Mein persönlicher – selbstverständlich subjektiver – Eindruck ist, dass Ihre so stark variierende Stilwahl (mal aggressiv personalisierend, mal konstruktiv und sachlich) sehr viel mit zwei Faktoren zu tun hat:
1. Ideologie: Sie nehmen geistig das von Ihnen gewünschte Ergebnis einer Kontroverse bereits zu Beginn vorweg und geraten unter Stress, wenn eine Diskussion nicht so verläuft, wie Sie sich dies wünschen. Ohne diesen Stress könnten Sie wesentlich lockerer und entspannter argumentieren.
2. Frustration: Das Motiv „Abrechnung“ (im Sinne von: Rache, es anderen heimzahlen, Bestrafung) spielt in Ihrem Blog „kritisch gedacht“ und in Ihrer Arbeit als organisierter Skeptiker (GWUP-Mitglied) meines Erachtens eine zentrale Rolle. Wären Sie mein Klient, so würde ich Ihnen dazu raten, diesen emotionalen Reflex besser zu kontrollieren, um Ihre Glaubwürdigkeit zu stärken.
Beste Grüße und schöne Weihnachten wünscht Ihnen
Claus Fritzsche
22nd.Dezember 2010 um 18:15
Herr Fritzsche, zum Thema „Stil“ und „Wortwahl“ möchte ich an meine obige Erklärung Wie der Klotz, so der Keil erinnern. Sie reiben sich also an meiner Wortwahl „eingestehen“ – da könnte ich jetzt als Replik zwei Seiten über Ihre Wortwahl „Schlangengrube“ samt laienpsychologischer Deutung anhängen, aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass das die Leserinnen und Leser des DZVhÄ-Blogs sonderlich interessiert. Deshalb lasse ich es.
Schöne Weihnachten auch!
Ulrich Berger
28th.Dezember 2010 um 09:31
Lieber Herr Berger,
wir müssen das Thema hier nicht ausdiskutieren. Mir persönlich reicht es, wenn ich es – für Mitleser – einmal kurz angerissen habe.
Ich habe auch nicht erwartet, dass Sie auf meine Argumente eingehen oder sich mit ihnen auseinandersetzen.
Guten Rutsch und alles Gute für 2011!
Claus Fritzsche
P.S. Trotz aller Kritik am Stil Ihres Scharlatan-Jagd-Blogs und an diversen Aktionen der Kategorie Marc Scheloske und die Schlangengrube ScienceBlogs: Cyber-Mobbing, Agitation, Fanatiker und militante „Skeptiker“. finde ich manche Ihrer (außerhalb von ScienceBlogs) geäußerten Gedanken durchaus inspirierend und bereichernd. Gäbe es Ulrich Berger nicht, so müsste man ihn erfinden! 😉
11th.Januar 2011 um 18:40
So, da bin ich wieder, meine Herren, nach einer Zeit des Abwartens. Verschiedene Leser dieses blogs haben meine kleine Studie zur Behandlung der Blauzungenkrankheit angefordert. Eher Homöopathen, keine Skeptiker. Allerdings haben weder Herr Fritzsche noch Herr Berger Interesse an der Studie gezeigt, bis dato jedenfalls. Das ist eigentlich schade, man könnte doch konstruktiv weiter diskutieren, wenn alle Interessierten (!?) informiert wären. Geht es hier eigentlich um Homöopathie und den Beweis ihrer Wirksamkeit oder eher ums fröhliche Jagen?